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1. Mose 1 (Luther-Übersetzung von 1912)
1 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
2 Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
3 Und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht.
4 Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis
5 und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.
Die Sonne wird erst am 4. Tag erschaffen. Es fehlen im Schöpfungsbericht Informationen, die erklären könnten, warum es sinnvoll war, schon vor der Erschaffung der Sonne Abend und Morgen zu benennen. Gott spricht kein gutes Urteil über die Erde, sondern nur über das Licht. Ein Tag wurde also gerechnet vom Abend bis zum nächsten Abend.
6 Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern, und die sei ein Unterschied zwischen den Wassern.
Was hier als Feste oder Firmament bezeichnet wird, heißt im Urtext Ausdehnung.
7 Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste. Und es geschah also.
8 Und Gott nannte die Feste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der andere Tag.
Das Volumen aller Meere beträgt 1,5 · 1018 Kubikmeter. Das sind 1,5 · 10 18 Tonnen Wasser. Der Wassserdampf der Atmosphäre summiert sich auf weniger als 0,001 % dieses Volumens. Es ist zweifelhaft, dass in Vers 7 die Abtrennung von weniger als 0,001 % des Meerwassers gemeint ist. Es muss so viel Wasser abgetrennt worden sein, dass eine Erwähnung gerechtfertigt ist. Vielleicht war es ja Wasser weit über der Troposphäre, die heute unser Wetter bestimmt. In den höheren Regionen wird es heißer, so dass dort vielleicht große Mengen Wasserdampf gebunden waren. Solch ein Wasserdampfgürtel hätte ein gleichförmiges feucht-warmes Klima zur Folge gehabt: kein Wind, kein Regen, schwache direkte Sonnenstrahlung und somit kaum UV- und andere schädliche Strahlungsanteile. Vielleicht war solch ein Wasserdampfgürtel eine der Wasserquellen der Sintflut, denn ein 40 Tage dauernder globaler Regenfall, wie von der Sintflut berichtet, ist unter heutigen klimatischen Bedingungen nicht denkbar. Auffällig, und genau in solch einem Argumentationszusammenhang plausibel, ist, dass die in der Bibel genannten Lebensalter der Menschen vor der Sintflut sehr hoch sind und danach nicht mehr.
9 Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Örter, dass man das Trockene sehe. Und es geschah also.
10 Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war.
11 Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das sich besame, und fruchtbare Bäume, da ein jeglicher nach seiner Art Frucht trage und habe seinen eigenen Samen bei sich selbst auf Erden. Und es geschah also.
12 Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das sich besamte, ein jegliches nach seiner Art, und Bäume, die da Frucht trugen und ihren eigenen Samen bei sich selbst hatten, ein jeglicher nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.
13 Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag.
Die These, dass sich hinter einem Schöpfungstag in Wirklichkeit je eine Epoche verbirgt, scheitert u. a. daran, dass dann Pflanzen eine Epoche lang ohne Sonnenlicht hätten leben müssen.
14 Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre
15 und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf Erden. Und es geschah also.
Hier sind vermutlich die Sterne gemeint. Es sieht also so aus, als ob die Erde, der Ort der Verbannung für die gefallenen Engel, schon lange da war und dass der Kosmos mit Sonne, Mond und Sternen in der Schöpfungswoche speziell für die Erde eingerichtet wurde, weil Gott hier, vor den Augen der unsichtbaren Welt – den treuen wie den gefallenen Engeln – eine Demonstration seiner Gerechtigkeit geben und damit die Grundlage für das Jüngste Gericht schaffen wollte, das ja zuallererst die Engel betreffen wird, vgl. Matth. 25:41Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!.
16 Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch Sterne.
Der Mond ist keine originäre Lichtquelle wie die Sonne, aber das hebräische Wort ma'owr, das in den Versen 14 bis 16 mit „Licht“ übersetzt ist, bedeutet ebenso „Lichthalter“. Es lässt sich kaum etwas Sicheres darüber sagen, wie ein 24-Stunden-Tag existierte – und Vers 5 impliziert das –, bevor die Sonne da war und die Erde sich in ihrem Gravitationsfeld bewegte. Das Hebräische, das hier die Schöpfung in der Vergangenheitsform darstellt, kennt keine explizite Vergangenheitsform. Eine Futur-Übersetzung ist ebenso mögich, vielleicht auch sinnvoll, bezogen auf obigen Vers 5.
17 Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde
18 und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war.
19 Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.
20 Und Gott sprach: Es errege sich das Wasser mit webenden und lebendigen Tieren, und Gevögel fliege auf Erden unter der Feste des Himmels.
21 Und Gott schuf große Walfische und allerlei Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser sich erregte, ein jegliches nach seiner Art, und allerlei gefiedertes Gevögel, ein jegliches nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.
Die „Walfische“ sind Luthers Wortwahl. Das Hebräische könnte Wale oder Seeungeheuer bedeuten. Dass man Wale heute nicht zu den Fischen zählt, sondern zu den Säugetieren, kann man Luther nicht vorwerfen. An dem Wort Walfisch offenbart sich darum auch nicht irgendeine naturkundliche Unkenntnis der Bibel.
22 Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und erfüllet das Wasser im Meer; und das Gefieder mehre sich auf Erden.
23 Da ward aus Abend und Morgen der fünfte Tag.
24 Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendige Tiere, ein jegliches nach seiner Art: Vieh, Gewürm und Tiere auf Erden, ein jegliches nach seiner Art. Und es geschah also.
25 Und Gott machte die Tiere auf Erden, ein jegliches nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art, und allerlei Gewürm auf Erden nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.
Zweierlei ist gesagt über die Erschaffung der Tiere: Die Erde solle sie hervorbringen (V. 24) und: Gott machte sie (V. 25). Das Wort „Art“, das Luther hier gebraucht, wurde Jahrhunderte später für das Fach Biologie in Anlehnung an die Begrifflichkeit des Schöpfungsberichts genauer definiert: Es ist eine Gruppe von Individuen, die sich untereinander vermehrt.
26 Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.
27 Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib.
Das hebräische Wort für „den Menschen“ ist adam. Adam wurde geschaffen Gott zum Bilde. Dass die Frau ebenfalls im Bilde Gottes erschaffen wurde, mag man vermuten, steht hier aber nicht, wohl aber, dass beide von Gott erschaffen wurde. Eva wurde auf anderem Wege erschaffen als Adam: aus der Seite Adams genommen (siehe Gen. 2:7). Sie wurden verschieden erschaffen: eben als Mann und Frau. Das hier verwendete Wort für „Mann“ ist im Hebräischen ein Adjektiv (Transliteration: zakar) und bedeutet: männlich. Der Stamm dieses Adjektivs ist ein Verb (ebenfalls: zakar) mit der Bedeutung: erinnern, anerkennen. Auch das Wort für „Frau“ in Vers 27 ist im Hebräischen ein Adjektiv (nqebah) und bedeutet: weiblich. Der Stamm dieses Adjektivs ist ein Verb (naqab) mit der Bedeutung: durchbohren, lästern, verfluchen.
Wenn der Mensch im Bilde Gottes geschaffen war, ihm ähnlich, war in ihm keine Neigung zu irgendeiner Bosheit. Der Sündenfall aus Genesis 3 muss darum auf besonders raffinierte Weise von außen herbeigeführt worden sein.
28 Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.
29 Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben allerlei Kraut, das sich besamt, auf der ganzen Erde und allerlei fruchtbare Bäume, die sich besamen, zu eurer Speise,
Das Gebot zur vegetarischen Kost bezieht sich auf die Zeit vor dem Sündenfall. Auch alle Tiere aßen ausschließlich Pflanzen:
30 und allem Getier auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das da lebt auf Erden, dass sie allerlei grünes Kraut essen. Und es geschah also.
31 Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.
Die Finsternis, in deren Heimstatt Gott seine Schöpfung platziert, ist nach wie vor Finsternis, aber alles, was Gott in diesen sechs Tagen getan hat, ist sehr gut. Dieses hohe Lob scheint nicht angebracht für die jetzigen natürlichen Lebensbedingungen auf der Erde. Man muss aber berücksichtigen, dass die Bibel von einem Sündenfall nach der Schöpfung berichtet, durch den sich die Lebensbedingungen und die Physiologie der Geschöpfe verändert haben. Darüber hinaus hat die Sintflut einige Zeit nach dem Sündenfall das Aussehen der Erde und ihr Klima sehr verändert.
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