•• Substitutionstheologie |
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Nach der totalen Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr. und 135 n. Chr. war den frühen Kirchenvätern unzweifelhaft, dass Gott Israel verworfen hatte (Vlach 2008siehe dazu: Vlach, M. J. (2008). Rejection then hope: The church's doctrine of Israel in the patristic era. The Master's Seminary Journal, 19 (1), 51-70.) und die christliche Kirche stattdessen das neue Israel geworden war (Origenes 248For forty and two years, I think, after the date of the crucifixion of Jesus, did the destruction of Jerusalem take place. Now it has never been recorded, since the Jewish nation began to exist, that they have been expelled for so long a period from their venerable temple-worship and service, and enslaved by more powerful nations; for if at any time they appeared to be abandoned because of their sins, they were notwithstanding visited (by God), and returned to their own country, and recovered their possessions, and performed unhindered the observances of their law. One fact, then, which proves that Jesus was something divine and sacred, is this, that Jews should have suffered on His account now for a lengthened time calamities of such severity. And we say with confidence that they will never be restored to their former condition. For they committed a crime of the most unhallowed kind, in conspiring against the Saviour of the human race in that city where they offered up to God a worship containing the symbols of mighty mysteries. It accordingly behoved that city where Jesus underwent these sufferings to perish utterly, and the Jewish nation to be overthrown, and the invitation to happiness offered them by God to pass to others, – the Christians ... aus: Origenes von Alexandria (248 AD). Contra Celsus, Buch 4, Kap. XXII. [online bei www.documenta-catholica.eu]), auf das die Verheißungen Gottes übergegangen waren (Substitutionstheologie). Luther stand in dieser Tradition. Auch er sah, dass die „Juden“ Gott abgelehnt hatten, dass aber die „Heiden“ dem christlichen Glauben gefolgt waren. Luther wiederholte die Meinung seines Lehrmeisters Augustinus (354-430), wenn er behauptete, dass die Kirche des neuen Bundes ein neues, „geistliches“ Israel geworden war, vgl. z. B. Strophe 4 und 5 des von ihm gedichteten Liedes „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“4) Und ob es währt bis in die Nacht und wieder an den Morgen, doch soll mein Herz an Gottes Macht verzweifeln nicht noch sorgen. So tu Israel rechter Art, der aus dem Geist geboren ward, und seines Gottes harre. 5) O bei uns ist der Sünden viel, bei Gott ist viel mehr Gnade. Sein Hand zu helfen hat kein Ziel, wie groß auch sei der Schade. Er ist allein der gute Hirt, der Israel erlösen wird aus seinen Sünden allen.. Auch Melanchthon sah die Gläubigen als das neue und wahre Israel an. Als Luther starb, sagte Melanchthon, der Wagenlenker IsraelsAch, obiit auriga et currus Israel, qui rexit Ecclesiam in hac ultima senecta mundi. Aus: Bellucci, D. (1998): Science de la Nature et Réformation. Rom: Editioni Vivere In, Seite 625. sei gefallen, eine Anspielung auf 2. Kön. 2:12Elisa aber sah es und schrie: Mein Vater, mein Vater, Wagen Israels und seine Reiter! und sah ihn nicht mehr. Und er fasste sein Kleider und zerriss sie in zwei Stücke ... Nach der Vulgata: Heliseus autem videbat et clamabat pater mi pater mi currus Israhel et auriga eius et non vidit eum amplius adprehenditque vestimenta sua et scidit illa in duas partes .... Wenig ahnten die Reformatoren, aus Mangel an verfügbarer historischer Evidenz über die Zeit der Völkerwanderung, dass die gläubigen „Heiden“ tatsächlich die authentischen Stämme Israels waren, die jedermann verloren glaubte. Luthers Übersetzung der Bibel ist geprägt von seiner „Theologie der verlorenen Stämme Israels“. In der Übersetzung Luthers redet die Bibel sehr viel über „Heiden“ und ihre Bekehrung. Man könnte jedoch argumentieren, dass die Bibel nach dem Urtext ganz selten über so genannte Heiden spricht, sondern meist nur von Völkern, Stämmen oder Nationen, oft sogar von den Völkern und Nationen, die ausdrücklich aus Jakob hervorgegangen sind. Die allzuoft ungerechtfertigte Wortwahl „Heiden“ (und das daran anknüpfende Wort „Heidenmission“) ist eine Folge der Bibeldeutung Luthers, der mit einer systematisch unkorrekten und tendenziösen Übersetzung der relevanten hebräischen oder griechischen Worte die „Heiden“ Europas zum geistlichen Israel erklärte. Dass Luther das christliche Europa als das neue Israel ausgab, erscheint im Nachhinein ja richtig, weil er aber nicht wusste, dass dieses Europa nicht nur ein „geistliches“, sondern das leibliche Israel war, hat er leider allzu frei Umdeutungen von Bibelworten vorgenommen. Nicht nur beim Wort „Heiden“, auch an vielen anderen Bibelstellen hat sich Luther bei der Übersetzung recht viel Freiheit genommen, die Theologie, von der er überzeugt war, herauszustreichen, er, dem doch nach eigener Aussage Gottes Wort unverrückbar war. Die Luther-Übersetzung ist überaus einflussreich gewesen. Sie ist insgesamt eine gute Übersetzung, aber nicht immer die genaueste. Luthers fehlerhafte „Theologie der verlorenen Stämme Israels“ ist grundlegend für den gesamten Protestantismus. Dort, wo Luther „Heiden“ übersetzt hat, sind in der Regel die zunächst in der griechischen und römischen Welt, im Orient und dann in alle Welt verstreuten und schließlich verloren geglaubten 10 Stämme des Hauses Israel gemeint. Die Seite Neues Testament zeigt eine Reihe von Beispielen dafür, dass das Neue Testament keine „Theologie der verlorenen Stämme“ rechtfertigt. Auf der Seite Gesetz Moses werden Hilfen zum Umgang mit alttestamentlichen Forderungen Gottes gegeben, die für Christen gemeint sind, die wissen, dass sie Gottes Volk Israel angehören. |
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